25.
Allgemeine Rechts-
mittel (U-Haft und
Strafhaft)

Die in diesem Kapitel beschriebenen „Rechtsmittel" kannst du sowohl als Strafgefangene als auch als Untersuchungsgefangene einsetzen. Zu einigen hier besprochen Rechtsmitteln steht auch schon etwas im Kapitel 23 Rechtsmittel in der Untersuchungshaft (Formlose Rechtsbehelfe).

25.1. Die Dienstaufsichtsbeschwerde

Es gibt einen zynischen, aber treffenden Merksatz für Juristinnen, der bereits alles enthält, was man über die Dienstaufsichtsbeschwerde wissen muss:

„Sie ist formlos, fristlos und fruchtlos".

Wann und warum Dienstaufsichtsbeschwerde schreiben?

Die Dienstaufsichtsbeschwerde ist eine Möglichkeit, sich juristisch gegen Entscheidungen, Schikanen usw. der einzelnen Beamtinnen und der Haftrichterin zu wehren. Sie kann immer neben anderen Rechtsmitteln auch zusätzlich eingelegt werden, d. h. du musst dich nicht entscheiden, ob du z. B. wegen der Briefzensur nur eine Beschwerde oder eine Dienstaufsichtsbeschwerde machst, du kannst beides machen und dabei auch zum Teil den gleichen Text benutzen. Die Dienstaufsichtsbeschwerde bereitet nicht nur der einzelnen Beamtin, gegen die du sie schreibst, Arbeitsaufwand und eventuell Ärger, sondern auch ihrer nächsthöheren Behörde, die sie bearbeiten muss. Das ist aber in den meisten Fällen auch schon alles, was du erreichen wirst.

Da Dienstaufsichtsbeschwerden an keine Formen und an keine Fristen gebunden sind und keine Gebühren entstehen, sollte man sie immer einlegen, wenn man sich durch Knastbeamtinnen oder durch die Haftrichterin schikaniert fühlt. Aber das ist sicherlich im Knast täglich der Fall und man kann nicht wegen jeder Schikane ein oder mehrere Schreiben loslassen, denn sonst lebst du nur noch für Beschwerden, Anträge, Dienstaufsichtsbeschwerden etc. Trotzdem ist keine Schikane oder miese Behandlung zu geringfügig, um nicht einen Schrieb wert zu sein. Das gilt insbesondere dann, wenn du das Gefühl hast, dass die Beamtin selbst für Knastverhältnisse übers Ziel hinaus schießt und das wahrscheinlich nicht mit ihrer Vorgesetzten abgesprochen hat. Wichtig dabei ist, dass du dich wehrst und das auch klar machst.

An wen schreibt man Dienstaufsichtsbeschwerden?

Sie müssen immer an die „Dienstherrin“ gerichtet werden. Das heißt konkret:

Dienstaufsichtsbeschwerden müssen an die zuständige Bearbeiterin weitergeleitet werden, wenn du sie falsch adressiert hast.

Wenn Dienstaufsichtsbeschwerden nicht bearbeitet werden

Die Empfängerin muss die Dienstaufsichtsbeschwerde bearbeiten und die Stellungnahme der „Übeltäterin" einholen. Wenn sie sie nicht bearbeitet, muss sie dir dies mitteilen. In der Regel werden Dienstaufsichtsbeschwerden nicht bearbeitet, weil man hofft, dass du nicht nachfragst und somit Arbeit erspart bleibt. Das kannst du ihnen vermiesen, indem du immer wieder nachfragst. Nebenbei kannst du gleich noch eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen diejenige Bearbeiterin machen, die auf deine erste Dienstaufsichtsbeschwerde nicht reagiert hat oder sie schließlich zurückgewiesen hat. Du solltest eine Dienstaufsichtsbeschwerde vielleicht mit einer Ankündigung, dass du dich auch an die Presse wenden wirst oder gleich mit einer Mitteilung nach draußen, verbinden.

25.2. Die Strafanzeige

Gegen Übergriffe von Beamtinnen, illegale Anordnungen der Anstaltsleitung oder ärztliche Misshandlungen durch die Anstaltsärztin kannst du auch mit Strafanzeigen vorgehen. Erwarte dabei jedoch nicht, dass es zu einer Verurteilung kommt, denn zahlreiche Fälle haben gezeigt, dass die Aussage einer Beamtin mehr als die einer Gefangenen gilt. Du kannst ihr jedoch dadurch Unannehmlichkeiten bereiten. Es gibt z. B. Gefängnisärztinnen, gegen die in kürzester Zeit eine dreistellige Zahl von Strafanzeigen zusammenkam.

In einem solchen Fall kann man das Interesse der Presse gewinnen. Wird die Angelegenheit publik, so steht nicht nur die Angezeigte in schlechtem Licht, sondern auch die Staatsanwältin, die alle Verfahren eingestellt hat und auch alle anderen, die sie gedeckt haben.

Eine Strafanzeige, die du gestellt hast, kann sich jedoch auch gegen dich selbst richten: wenn die von dir Beschuldigte nun dich wegen „übler Nachrede“ oder „falscher Verdächtigung“ anzeigt oder wegen eines angeblichen „Vorgeschehens“, an dem du Schuld bist und das aus ihrer Sicht erst zu ihrer Straftat geführt hat. Du weißt, sie hat die „besseren“ Zeuginnen. Nicht selten geht das aber für die Anstaltsleitung wiederum nach hinten los: es hat schon einige Strafprozesse gegen Gefangene etwa wegen Beleidigung der Anstaltsleiterin gegeben, die einen solchen Wirbel verursacht haben, dass es sich gelohnt hat. Was du vorher nicht geschafft hast – Öffentlichkeit über deinen „Fall“ herzustellen – das bewirken sie unter Umständen mit ihrer Strafanzeige gegen dich.

Lade die Presse ein, wenn es so weit kommen sollte. Am besten ist es, wenn möglichst viele gleichzeitig gegen diese Beamtin Anzeige erstatten. Dann passiert es nicht so leicht, dass sie dich als „Einzelkämpferin“ herausgreifen und fertigmachen. Hier nun einige typische Beamtinnendelikte, die eine Anzeige wert sein können:

Natürlich gibt es da noch viel mehr Möglichkeiten – man muss sich da nur mal im StGB (Strafgesetzbuch) umsehen.

Wie und an wen schreibt man eine Strafanzeige?

Sie ist an die Staatsanwaltschaft beim zuständigen Landgericht zu richten. An eine besondere Frist muss man sich dabei nicht halten. Ausnahme: Manche Straftaten werden nur auf einen „Strafantrag" hin verfolgt, so z. B. Beleidigung und Sachbeschädigung. Dieser muss innerhalb von drei Monaten gestellt werden. Im Zweifel kann man immer einen stellen, es schadet nichts. Strafanzeigen sind kostenlos. Die Strafanzeige kann etwa so aussehen:

NameOrt, Datum

JVA ...

(Adresse)

An die Staatsanwaltschaft beim Landgericht …

ich erstatte hiermit Strafanzeige gegen die ... (Amtsbezeichnung, Name, erreichbar über JVA …) wegen ... (z. B. Beleidigung) und aus allen anderen rechtlichen Gründen. Die Strafanzeige stützt sich auf den folgenden Sachverhalt: (Hier genau beschreiben, was passiert ist. Mitgefangene —

nach Absprache — als Zeuginnen nennen). Gleichzeitig stelle ich als Geschädigte Strafantrag wegen des oben beschriebenen Vorfalls. ich bitte um die Mitteilung des Aktenzeichens des Ermittlungsverfahrens sowie um die Unterrichtung von Gang und Ergebnis der Ermittlungen.

Unterschrift

Wenn das Verfahren einschläft oder eingestellt wird

Eine Verfahrenseinstellung wegen „fehlenden Tatverdachts“ nach § 170 Abs. 2
StPO muss dir schriftlich mitgeteilt werden. Du kannst dann innerhalb von zwei Wochen bei der zuständigen Generalstaatsanwältin Beschwerde gegen die Einstellung einlegen (§ 172 Abs. 1 StPO). Dies geht jedoch nicht bei allen Straftaten, sondern nur bei solchen die nicht durch „Privatklage“ verfolgt werden können. Welche Straftaten durch Privatklage verfolgt werden können, findest du in § 374 Abs. 1 StPO. Ob es sich in deinem Fall lohnt, Privatklage zu erheben, solltest du am besten mit deiner Anwältin besprechen.

Wenn die Generalstaatsanwältin deine Beschwerde ablehnt, kann man dagegen im Klageerzwingungsverfahren vorgehen. Hierfür ist die Mitwirkung einer Rechtsanwältin nötig, die binnen eines Monats nach Bekanntgabe des ablehnenden Bescheids einen „Antrag auf gerichtliche Entscheidung" an das Oberlandesgericht richten muss.

Es gibt außerdem die Möglichkeit für die Staatsanwaltschaft und das Gericht, das Verfahren nach §§ 153 ff. StPO gegen Auflage oder einfach so einzustellen. Das machen sie dann, wenn sie der Meinung sind, dass es zwar einen Verdacht gegen die Person gibt, es sich aber nicht „lohnt“ z. B. wegen „geringer Schuld“, das Hauptverfahren zu eröffnen. Gegen so eine Einstellung kann man nichts machen.

Du kannst die Beschwerde an die Generalstaatsanwältin auch dann einlegen, wenn du ca. drei Monate nichts von der Staatsanwaltschaft hörst – wegen Nichtaufnahme oder stillschweigender Einstellung des Verfahrens.

25.3. Petitionen an den Landtag gemäß
Art. 17 des Grundgesetzes

Man versteht darunter Bitten und Beschwerden, die sich auf alles mögliche beziehen können – vom Verhalten eines einzelnen Beamten bis zur Aufforderung; mehr Mittel aus dem Landeshaushalt für den Vollzug zur Verfügung zu stellen. Du kannst Petitionen auch für eine andere oder

gemeinsam mit anderen abfassen. Es gibt keinerlei Vorschriften für die Form, außer dass sie schriftlich verfasst werden müssen. Du kannst Petitionen schreiben, wann immer du willst. Die Petition ist an das jeweilige Landesparlament „deines“" Bundeslandes zu richten. Du kannst sie auch an eine Abgeordnete unter der Anschrift des Parlaments adressieren, die sie dann an das Parlament weiterleiten kann (erst dann wird sie zur Petition).

Zu weiteren Ansprechpartnerinnen für Beschwerde lies im Kapitel 23 Rechtsmittel in der U-Haft unter formlose Rechtsbehelfe nach.

Wozu sind Petitionen nützlich?

Sie können dabei helfen, Sauereien an die Öffentlichkeit zu bringen, die du wegen der Zensur auf anderem Wege niemandem mehr mitteilen kannst. Denn Schreiben an „die Volksvertretunvg" sind gemäß § 26 Abs. 3 und 4 Nr. 2 des Strafvollzugsgesetzes NRW von der Zensur ausgeschlossen! Deswegen musst du als Adresse immer die Anschrift des Parlaments angeben, auch wenn du eine bestimmte Abgeordneten erreichen willst. Gib den Umschlag auf alle Fälle verschlossen ab! Falls sie doch zensiert und überwacht werden, musst du nach dem allgemeinen Beschwerdeverfahren vorgehen (Kapitel 23 Rechtsmittel in U-Haft und Kapitel 24 Rechtsmittel in Strafhaft) oder eine Dienstaufsichtsbeschwerde schreiben (Kapitel 25.1.).

Die Petition erscheint dann in der Landtags-Drucksache. Große Erfolge sollte man sich von der Tätigkeit der Petitionsausschüsse, die sich mit diesen Petitionen beschäftigen, nicht erwarten. Abgesehen davon, was von den Parlamenten zu halten ist, können diese weder die Justizverwaltung noch die Gerichte zu irgendetwas verpflichten. Allerdings machen Petitionen der Justizverwaltung Arbeit und sind ihr deshalb unangenehm.

Der Petitionsausschuss muss nämlich über das Justizministerium und die Vollzugsbehörden Auskunft einholen, wird unter Umständen bitten, Abhilfe zu leisten und auffordern dem Petitionsausschuss die offizielle Auffassung über die Angelegenheit mitzuteilen. Oft wird dann die Anstaltsleitung zur Abgabe eines Petitionsberichts gezwungen. Die Justizbeamtinnen müssen sich hinsetzen und Stellungnahmen – sogenannte dienstliche Äusserungen – schreiben. Möglicherweise werden sie nachträglich „korrekter“ mit dir umgehen, damit du ihnen nicht neue unangenehme Arbeit machst. Deswegen sollest du in der Petition möglichst genau und mit vielen Einzelheiten beschreiben, was passiert ist und worum es dir geht. Umso ernster wird die Petition genommen und und umso größer ist die Lawine der Schreibarbeiten, die sie ins Rollen bringt. Darüber hinaus ist die Petition fast immer erfolglos.

25.4. Die parlamentarische Anfrage

Die Abgeordneten im Bundestag und den Landtagen können jederzeit Anfragen an die Regierungen stellen, die von der zuständigen Ministerin beantwortet werden. Dazu holt sich die in Strafvollzugssachen zuständige Justizministerin Auskünfte von der Anstaltsleitung und betreffenden Beamtinnen ein. Falls dein Fall von allgemeinen Interesse ist oder einen schwerwiegenden Verstoß darstellt, kannst du an Abgeordnete schreiben, die den Gefangenen gegenüber relativ wohlgesonnen erscheinen. Der Versuch einer parlamentarischen Anfrage kostet dich nichts - außer Nerven, Geduld und Briefpapier. Unter Umständen macht aber eine parlamentarische Behandlung von Justizproblemen mehr Eindruck auf die Verwaltung als einige Gerichtsurteile.

25.5. Die Verfassungsbeschwerde

Welche Bedeutung hat die Verfassungsbeschwerde in U-Haft und Strafhaft?

Die Erfolgsaussichten von Verfassungsbeschwerden in Vollzugssachen sind ungeheuer gering (höchstens 1 % sind erfolgreich). Weil sehr genaue und ausführliche Erklärungen zu den rechtlichen Problemen einer Verfassungsbeschwerde den Rahmen dieses Buches sprengen wurden, beschränken wir uns hier auf die wichtigsten juristischen Anforderungen.

Die Verfassungsbeschwerden stellen

Für eine Verfassungsbeschwerde brauchst du mindestens den Text des Grundgesetzes, um dich auf das Grundrecht, in dem du dich verletzt siehst, beziehen zu können. Wenn du aber juristisch genauer arbeiten und besser argumentieren willst, brauchst du einen Kommentar zum Grundgesetz. Jeder kann gegen Verletzungen seiner Grundrechte Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht einlegen.

Wann kann man eine Verfassungsbeschwerde machen?

Man kann eine Verfassungsbeschwerde erst dann einlegen, wenn vorher der Rechtsweg erschöpft ist, d. h. wenn du bereits alle Instanzen verloren hast. Dazu gibt es nur eine Ausnahme: Dir wird z. B. eine dringend notwendige medizinische Behandlung verweigert. Du argumentierst dann, dass dir „ein schwerer und unabwendbarer Nachteil, d. h. ein erheblicher Schaden an deiner

Gesundheit droht, wenn du alle Instanzen durchlaufen müsstest“. Du beantragst außerdem: „Einstweilige Anordnung (z. B.) der medizinischen Versorgung“.

Das bedeutet rechtlich, dass du diese durchzuführen verlangst, bevor die Gerichte endgültig darüber entschieden haben, ob du einen rechtlichen Anspruch darauf hast. Die Frist, innerhalb derer Verfassungsbeschwerde eingelegt werden kann, beträgt einen Monat. Die Frist läuft von dem Zeitpunkt an, an dem du von dem letzten Urteil erfährst, gegen das sich die Verfassungsbeschwerde wenden soll. Bei einer Verhandlung bei der du dabei warst und das Urteil verkündet wurde, wird die Frist von diesem Zeitpunkt an gerechnet.

Sonst von dem Tag an, an dem dir das Urteil zugestellt wurde. Wenn du das verkündete Urteil nicht vollständig erhältst, beantragst du schriftlich bei Gericht, „die Erteilung einer in vollständiger Form abgefassten Entscheidung“. Vom Zeitpunkt deines Antrages an wird die Monatsfrist unterbrochen und lauft erst weiter, wenn die Entscheidung vollständig erteilt oder verkündet wird. Eine Fristverlängerung bzw. -unterbrechung ist nicht möglich.

Wogegen richtest du die Verfassungsbeschwerde?

Du richtest die Verfassungsbeschwerde gegen a) die konkrete Maßnahme, die gegen dich getroffen wurde (z. B. Anhalten eines Briefes) und b) gegen die letzte Gerichtsentscheidung, die diese Maßnahme für rechtens erklärt hat. Du beantragst also

a) die Verfassungswidrigkeit der Maßnahme festzustellen und sie aufzuheben und

b) die verfassungswidrige Entscheidung des Gerichts aufzuheben.

Es gibt außerdem die Möglichkeit zu beantragen,

c) das Gesetz für verfassungswidrig zu erklären, auf das die Maßnahme und Entscheidung gestützt wurden. Das aber zu begründen ist ungeheuer schwierig und wohl nur von Anwältinnen oder Spezialistinnen zu leisten.

Das Bundesverfassungsgericht prüft nur, ob die angegebene Maßnahme dich in deinen Grundrechten – das sind die Artikel 1 bis 19 Grundgesetz – oder in einem deiner in den Artikeln 20, 33, 38, 101, 103 und 104 des Grundgesetzes enthaltenen Rechte verletzt. Daraus ergibt sich, dass du angeben musst, in welchem Grundrecht du durch die angegebene Maßnahme in welcher Weise verletzt bist. Man sollte am Ende der Verfassungsbeschwerde etwas zum „Rechtsschutzbedürfnis“ sagen. Mach das etwa so, wie am Ende des Musterentwurfs für eine Verfassungsbeschwerde vorgeführt (siehe weiter unten).

Anwältin, Kosten, Dauer des Verfahrens

Du musst bei einer Verfassungsbeschwerde keine Anwältin haben. Ausnahme ist, wenn es zu einer mündlichen Verhandlung kommen sollte, was aber fast nie der Fall ist. Allerdings solltest du die Verfassungsbeschwerde zusammen mit einer Anwältin machen, wenn du eine „gute“ hast. Eine Verfassungsbeschwerde kostet nichts. Die Anwältinnenkosten aber können sehr hoch werden. Du solltest auf alle Fälle mit deiner Anwältin eine feste Gebühr ausmachen. Wenn du eine Anwältin hast, kann sie einen Antrag auf Bewilligung einer Prozesskostenhilfe (lese hierzu Kapitel 26 Prozesskostenhilfe) stellen. Sei dir aber im klaren: die Chancen sind hier gleich Null. Die Entscheidung, ob die Verfassungsbeschwerde überhaupt angenommen wird, ergeht nach etwa drei Monaten. Wenn es zu einem Entscheidungsverfahren kommt, braucht dies etwa zwei Jahre, meist noch länger.

Hier nochmal eine Liste der wichtigsten Punkte, auf die du achten musst. Du kannst die Liste am Musterentwurf überprüfen.

Musterentwurf einer Verfassungsbeschwerde

(hier: gegen Beschlagnahme eines Buches in Strafhaft)

Dein Name und deine KnastanschriftDatum

An das Bundesverfassungsgericht, Postfach 1771, 76006 Karlsruhe

Betr.: Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts...vom ... —

Aktenzeichen ... – ausgehändigt am ... durch ... .

Anlage: Ausfertigung des angegriffenen Beschlusses sowie des übrigen die Angelegenheit betreffenden Schriftverkehrs, Antrag auf Bewilligung einer Prozeßkostenhilfe.

Hiermit erhebe ich Verfassungsbeschwerde gegen den oben angegebenen Beschluss des Oberlandesgerichts... und beantrage, diesen aufzuheben. Er verletzt mich in meinen Grundrechten aus Artikel 3 und Artikel 5 des Grundgesetzes. Ich bin Strafgefangene und verbüße seit dem ... durch rechtskräftiges Urteil des Landgerichts... vom ... — Aktenzeichen ... — eine Freiheitsstrafe von ... Jahren wegen ... in der JVA ... . Als Strafende ist der ... vorgemerkt. Am ... beantragte ich bei der Anstaltsleiterin die Aushändigung des mir von ... übersandten Buches... Dieser lehnte meinen Antrag am … mit der Begründung ab, dass durch die Aushändigung Sicherheit und Ordnung in der JVA beeinträchtigt würden.Gegen diesen Ablehnungsbescheid stellte ich Antrag auf gerichtliche Entscheidung bei der Strafvollstreckungskammer des … . Durch Beschluss vom ... verwarf die Strafvollstreckungskammer am Landgericht ...— Aktenzeichen ... — meinen Antrag als unbegründet, weil ... . Hiergegen erhob ich Rechtsbeschwerde beim Oberlandesgericht …. Durch Beschluss vom... — Aktenzeichen... — verwarf das Oberlandesgericht meine Rechtsbeschwerde als unbegründet, weil ... . Hiergegen erhebe ich Verfassungsbeschwerde.

Artikel 3 des Grundgesetzes (Gleichheitsgrundsatz) ist verletzt, weil …

Artikel 5 Grundgesetz (Meinungs- und Informationsfreiheit) ist verletzt, weil …

Ein Rechtsschutzbedürfnis ist schon deshalb zu bejahen, weil die Beschlagnahme ähnlicher Bücher

wegen angeblicher Beeinträchtigung von Sicherheit und Ordnung bei allen Gefangenen und so

auch bei mir häufig erfolgt.

Unterschrift

weitere häufig verletzte Grundrechte:

25.6. DieMenschenrechtsbeschwerde
(nach Artikel 34 Menschenrechts-­
konvention)

Durch die europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) wird allen Personen die in ihrem Abschnitt I genannten Menschenrechte zugesichert, die zum Teil weiter gehen, als die im Grundgesetz geregelten Grundrechte. Die Menschenrechtsbeschwerde ist eine Art „Super-Verfassungsbeschwerde“. Auch hier sind die Erfolgsaussichten nicht sehr hoch und es dauert sehr lange (mehrere Jahre!), bis du eine Entscheidung bekommst. Allerdings ist der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte zum Teil wenigstens etwas „kritischer“ als die nationalen Gerichte, weswegen es sich unter Umständen schon lohnen kann über eine solche Beschwerde nachzudenken. Wenn du dir überlegst zum eurpäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu gehen, solltest du das unbedingt mit einer Anwältin zusammen machen, die sich darin auskennt, da es schon extrem kompliziert ist, dass der Gerichtshof die Beschwerde überhaupt „zulässt“,
d. h. sich inhaltlich mit ihr beschäftigt.

Was du auf jeden Fall beachten musst:

Die Beschwerdeführerin muss selbst „beschwert“ sein. Man kann also keine Rechtsverletzung zum Nachteil von anderen geltend machen. Die Verletzung eines in der Menschenrechtskonvention festgelegten Rechtsgutes (z. B. Art. 2 und 3) muss glaubhaft bewiesen werden. Der innerstaatliche (BRD) Rechtsweg muss ausgeschöpft sein, also in der Regel auch die Verfassungsbeschwerde. Die Frist zur Einlegung beträgt sechs Monate nach Ergehen der letzten innerstaatlichen Entscheidung. Das Ganze ist zu schicken an:

Die Europäische Menschenrechtskommission

Allé des Droits de l'Homme

67000 Straßburg

Frankreich

Du kannst dich auch in allen anderen Verfahren auf die Grundsätze der Menschenrechtskonvention berufen und mit ihnen argumentieren.

25.7. Der Gnadenweg

Es besteht auch die Möglichkeit, im Gnadenwege vorzugehen. Das ist – neben der Wiederaufnahme des Verfahrens – die einzige Möglichkeit, noch etwas gegen eine rechtskräftige Entscheidung zu tun, also dann, wenn der normale Rechtsweg nicht mehr beschritten werden kann.

Danach können Folgen staatlicher Entscheidungen erlassen werden, wenn diese im Einzelfall grob unbillig sind.

Wann dies der Fall ist, kann nicht pauschal beantwortet werden. Hier kommt es in ganz besonderem Maße auf den Einzelfall an. Um ein Gefühl dafür zu bekommen, ob du selbst eventuell Aussichten hast, begnadigt zu werden, empfiehlt es sich, die Gnadenordnung des Bundeslandes zu lesen, in dem die Entscheidung, deren Folgen im Gnadenwege erlassen werden sollen, getroffen wurde. Also wenn du z. B. in NRW verurteilt wurdest, dann besorge dir die Gnadenordnung von NRW (dabei müssen dir die Abteilungsleiterinnen behilflich sein). Außerdem gibt es häufig eine Allgemeinverfügung zu der jeweiligen Gnadenordnung. Da steht meistens noch mehr drin, was hilfreich sein könnte, um ein Gefühl dafür zu bekommen, ob dein Fall eventuell ein so ungewöhnlicher ist, dass der Gnadenweg in Frage kommt.

Hier ein Auszug aus einer Allgemeinverfügung zur Hamburgischen Gnadenordnung:

§ 4 Inhalt des Begnadigungsrechts

(1) Das Gnadenrecht soll insbesondere Fälle der Unbilligkeit wegen nachträglich veränderter bzw. nachträglich bekannt gewordener veränderter persönlicher Verhältnisse, Fehler bei der Strafbemessung sowie vom Gesetz bzw. vom Gericht nicht intendierte Härten ausgleichen.

(2) Das Begnadigungsrecht umfasst insbesondere die Befugnis, Rechtsfolgen zu erlassen, zu ermäßigen, umzuwandeln, ihre Vollstreckung aufzuschieben, zeitlich befristet zu unterbrechen oder auf Dauer auszusetzen und Zahlungserleichterungen (Stundung, Ratenzahlung) zu bewilligen.

(3) Gnadenerweise bei Maßregeln der Besserung und Sicherung kommen dann in Betracht, wenn die Belange des Betroffenen den Zweck der Maßregel überwiegen, die Allgemeinheit zu schützen.

(4) Ein Gnadenerweis kann insbesondere in Betracht kommen, wenn erhebliche Gnadengründe vorliegen, denen gegenüber die Schuld der verurteilten Person sowie die Verteidigung der Rechtsordnung, die Wiederherstellung des Rechtsfriedens, die Wirkung der Bestrafung auf Dritte und andere Strafzwecke im Einzelfall zurücktreten; solche Gründe können sich insbesondere ergeben aus der Eigenart und den besonderen Anlagen der verurteilten Person, ihrem Vorleben, den Umständen ihrer Tat, ihrem Verhalten vor und nach der Tat sowie im Strafvollzug und während anderer unmittelbar vorausgegangener Freiheitsentziehungen, ihren Lebensverhältnissen und schließlich aus den von dem Gnadenerweis zu erwartenden Wirkungen auf die verurteilte Person. Neben den zu erwartenden Wirkungen des Gnadenerweises auf die verurteilte Person sind auch generalpräventive Aspekte zu berücksichtigen.

(5) Auf die Kosten eines Strafverfahrens sind diese Vorschriften nur anzuwenden, wenn zugleich über einen Gnadenerweis in der Hauptsache zu befinden ist.

(6) Gnadengesuche sind darauf zu prüfen, ob an Stelle des nachgesuchten Gnadenerweises eine andere gnadenweise Vergünstigung angezeigt ist. Wird diese gewährt und damit dem Begehren der gesuchstellenden Person nicht in vollem Umfang entsprochen, ist ihr auch mitzuteilen, dass ihr weitergehendes Gesuch abgelehnt wird.

Dieser Auszug dient nur zur Orientierung, in welchen Fällen du an diesen Weg denken könntest. Es heißt nicht, dass der Gnadenweg ausgeschlossen ist, wenn du deinen Fall hier nicht erwähnt findest. Höre dich auch bei Mithäftlingen um, es kann gut sein, dass welche dabei sind, die schon viele Gnadenanträge gesehen haben und auch wissen, wie über die entschieden worden ist.

Zuständig für die Entscheidung ist in den meisten Fällen das Bundesland (jeweilige Justizbehörde, Gnadenabteilung), in dem die Entscheidung, deren Folgen du angreifen willst, getroffen wurde. Nur dann, wenn im 1. Rechtszug in Ausübung von Gerichtsbarkeit des Bundes entschieden worden ist, ist der Bund zuständig (§ 452 StPO). Falls das Gnadengesuch an eine falsche Stelle gerichtet wird, muss diese es an die richtige Stelle weiterleiten, also keine Angst davor, vielleicht die Falschen anzuschreiben.

Alle Gnadensachen sind als Eilsachen zu behandeln. Wie lange es aber dauert, bis eine Entscheidung kommt, kann man nicht einschätzen. Das hängt zu sehr davon ab, wieviele Anträge gerade zur Entscheidung vorliegen und auch von anderen (teils unbekannten) Faktoren.

Du kannst den Antrag schriftlich oder auch mündlich bei der Geschäftsstelle der Gnadenbehörde stellen. Diese muss dann auch selbst Ermittlungen anstellen zu dem, was du vorgetragen hast. Dennoch solltest du versuchen, die Behauptungen, die du in dem Antrag vorbringst, auch zu belegen.

26.
Rechtsmittelkosten und Prozesskostenbeihilfe

Bei einigen Verfahren entstehen Kosten (festgesetzt durch einen Gerichtsbeschluss), die die Verliererin des Verfahrens zu zahlen hat. Diese wirst meistens du sein. Die Kosten können von deinem „Eigengeld“, teilweise auch von deinem Hausgeld (s. u.) weggenommen werden, wenn du welches angespart hast (siehe hierzu Kapitel 9 Arbeit und Geld).

Kosten entstehen in der U-Haft bei Beschwerden nach § 304 StPO, was sich aus § 473 StPO ergibt. In der Strafhaft entstehen Gerichtskosten bei Anträgen auf gerichtliche Entscheidung und bei Rechtsbeschwerden (§§ 109 ff. und 114 ff. StVollzG). Alle anderen Verfahren, die im Rechtsmittelteil aufgeführt sind, sind kostenlos.

26.1 Wie hoch sind die Kosten?

Erstmal ist es wichtig zu wissen, dass man nie den Streitwert, der in dem Gerichtsbeschluss angegeben ist, bezahlen muss. Daraus errechnet sich nur die Gebühr, die anfällt. Das mal zur Beruhigung am Anfang.

Die Kosten richten sich nur nach dem Streitwert, den die Gerichte nach ihrem Ermessen festsetzen. Sie sind deswegen nicht genau anzugeben. Man kann aber davon ausgehen, dass in den seltensten Fällen ein Streitwert von über 1000,- € angesetzt wird.

Bei einem Streitwert von 501–1000 € beträgt die Gebühr 53,- €. Bei einem Streitwert von 0–500 € beträgt die Gebühr 35,- €. Wenn sich keine wertmäßigen Kriterien finden lassen, kann das Gericht auch auf einen Streitwert von 5000,- € hochgehen, was eine Gebühr von 146,- € bedeuten würde. Wie gesagt wird dies aber wohl kaum vorkommen.

Für einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung musst du eine Gebühr, also 53,- € zahlen, für eine Beschwerde/Rechtsbeschwerde zwei Gebühren, also 106,- € und für einen Antrag auf Aussetzung des Vollzugs eine halbe Gebühr, also 26,50 €.

Nimmst du deinen Antrag oder deine Beschwerde zurück, bevor das Gericht eine Entscheidung fällt, kostet es nur die Hälfte.

Achtung: Für ein Verfahren nach § 109 StVollzG des Bundes, also Antrag auf gerichtliche Entscheidung, kann auch ein den dreifachen Tagessatz der Eckvergütung nach § 43 Abs. 2 Bundesstrafvollzugsgesetz (BStVollzG) übersteigender Teil des Hausgeldes (§ 47) in Anspruch genommen werden, § 121 Abs. 5 BstVollzG.

Wenn du ein Verfahren gewonnen hast, kannst du Erstattung eigener Auslagen beantragen. Ersetzbar sind notwendige Auslagen gem. § 121 BStVollzG, z. B. Portokosten in voller Höhe, für jede Seite 50 Cent Kopierkosten, auch die Anwältinnenkosten werden dir ersetzt. Versuche so viel aufzulisten wie nur möglich.

26.2 Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH)

Wenn du nicht genügend Geld hast, um die anfallenden Kosten zu zahlen, kannst du für Rechtsmittel in der Strafhaft einen Antrag auf Prozesskostenhilfe stellen.

Dieses Recht steht auch Menschen ohne deutschen Pass uneingeschränkt zu.

Zu den Voraussetzungen: PKH wird dir gewährt, wenn deine Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat, sie nicht „mutwillig“ erscheint und du „nach deinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kannst“, § 120 Abs. 2 StVollzG i. V. m. § 114 ZPO.

Zunächst wird PKH also nur dann gewährt, wenn deine Rechtsverfolgung einige Aussicht auf Erfolg hat. Dies wird vorab geprüft und hängt davon ab, wie das Gericht deine Erfolgsaussichten einschätzt. PKH muss immer gewährt werden, wenn die Entscheidung von einer Beweisfrage abhängt, weil das Gericht dann nicht vor der Beweisaufnahme vorhersehen kann, wie es ausgeht.

Wenn dir PKH gewährt wird, wirst du mit hoher Wahrscheinlichkeit auch im Verfahren gewinnen (denn dann werden Erfolgsaussichten bejaht). Wegen dieser Vorprüfung gibt es für dich zwei Alternativen des Vorgehens:

1. Du willst das Rechtsmittel auf jeden Fall einlegen, auch wenn eventuell Kosten für dich entstehen, also auch wenn dein Prozesskostenhilfeantrag abgelehnt wird: In diesem Falle beantragst du die Prozesskostenhilfe direkt im Rechtsmittel: („Zunächst beantrage ich Prozesskostenhilfe gem. §§ 120 Abs. 2 StVollzG i. V. m. 114 ff. ZPO“). Du musst dann eine sogenannte „Erklärung über die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse“ ausfüllen, die du von den Stationsbeamtinnen bekommen kannst. Gut wäre es, wenn du entsprechende Belege der Anstaltsleitung mit vorlegen könntest. Oft wirst du keine Probleme haben, wenn du dem Gericht mitteilst, dass du im Knast sitzt und nur das minimale Einkommen der Knastarbeit hast.

Reicht dies alles dem Gericht nicht, müssen sie bei dir nachfragen oder anderweitig nachforschen.

2. Du willst das Rechtsmittel nur einlegen, wenn dir Prozesskostenhilfe gewährt wird: In diesem Fall stellst du den Antrag auf Prozesskostenhilfe erstmal „solo“. Dies bedeutet für den Inhalt des Antrags aber kaum einen Unterschied, weil du die Begründung für das eigentliche Rechtsmittel sowie den zugrunde liegenden Sachverhalt mitliefern musst, damit das Gericht die Erfolgsaussichten (s. o.) prüfen kann. Dabei lieferst du einen fertigen Entwurf deines Antrages auf gerichtliche Entscheidung ab, den du aber noch nicht unterschreibst (denn dann ist er noch nicht eingelegt). Der Antrag auf Prozesskostenhilfe muss in jedem Fall innerhalb der Frist gestellt werden, die für das Rechtsmittel gilt, z. B. innerhalb von zwei Wochen bei einem Antrag auf gerichtliche Entscheidung in Strafhaft.

Nun wird es aber bei dieser Variante meistens so sein, dass die Rechtsmittelfrist abgelaufen ist, wenn über den Antrag auf Prozesskostenhilfe entschieden wurde (denn für diese Entscheidung des Gerichts vergehen auf jeden Fall mehr als zwei Wochen). Dann legst du das Rechtsmittel sofort nach Zustellung der Entscheidung über die Prozesskostenhilfe ein, gibst das Aktenzeichen letzteren Antrags an und fügst dem Ganzen dann Folgendes hinzu:

„Ich beantrage Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 112 Abs. 2 und 3 StVollzG (in Strafhaft). Bis zur Bewilligung der Prozesskostenhilfe war ich ohne Verschulden aufgrund meiner Armut verhindert, die Antragsfrist einzuhalten, § 112 Abs. 2 StVollzG). Nach der am ... erfolgten Bewilligung der Prozesskostenhilfe habe ich den Antrag innerhalb der zweiwöchigen Frist des § 112 Abs. 3 Satz 1 StVollzG nachgeholt. Dies ist aufgrund des Akteninhalts offenkundig. Da somit die sachlichen und formellen Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung vorliegen, ist diese zu bewilligen.“

Wird deinem Antrag auf Prozesskostenhilfe stattgegeben, so kann das Gericht für dich zumutbare Raten zur Zahlung der Kosten festsetzen (wenn dein Einkommen eine gewisse Summe übersteigt, was bei Gefangenen quasi nie der Fall sein dürfte). Wenn dein Einkommen diese Summe nicht übersteigt, musst du gar nichts zahlen, so dass die Angelegenheit bei Gewährung von Prozesskostenhilfe für dich fast immer „gratis“ sein wird, wenn dein Einkommen nur aus dem dürftigen Arbeitsentgelt im Knast besteht. Wird dem Antrag nicht oder nicht so, wie du es beantragt hast, stattgegeben, kannst du sofortige Beschwerde bei der nächsthöheren Instanz (in der Regel dem OLG) einlegen. Wer die nächste Instanz ist, kannst du jeweils in Kapitel 24 Rechtsmittel in der U-Haft und Kapitel 25 Rechtsmittel in der Strafhaft oder in dem ablehnenden Beschluss nachlesen. Die Beschwerde immer sofort – auf jeden Fall innerhalb von einer Woche – einlegen.

Schließlich kann dein Antrag auf PKH unabhängig von den Erfolgsaussichten auch abgelehnt werden, wenn dein Vorhaben „mutwillig“ erscheint. Das ist der Fall, wenn „ein vernünftig Denkender“ das Rechtsmittel nicht einlegen würde. Dagegen kannst du ebenfalls mit der sofortigen Beschwerde vorgehen.

26.3 Beiordnung einer Rechtsanwältin

Liegen die Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe vor, so kann dir in den Fällen, in denen sogenannter „Anwaltszwang“ besteht, eine Anwältin deiner Wahl beigeordnet werden. Deshalb ist es sinnvoll, schon im Antrag eine Anwältin namentlich zu benennen.

Geht es allerdings um eine Sache, bei der kein Anwaltszwang besteht (dies ist bei den hier interessierenden Verfahren fast immer der Fall), muss dir eine Anwältin nur beigeordnet werden, wenn die Sache besonders schwierig ist oder deine „Gegnerin“ eine Anwältin hat. Deshalb empfiehlt es sich, wenn du eine Anwältin haben willst, im Antrag auf Prozesskostenhilfe zu erwähnen, dass du mit der Materie nicht ausreichend vertraut bist, hier ein besonders komplizierter Fall vorliegt und (z. B. wenn es gegen die Anstaltsleitung geht) deiner „Gegnerin“ ja auch ausgebildete Juristinnen zur Verfügung stehen, so dass von einer „quasi anwaltlichen Vertretung“ der Gegenseite auszugehen ist. Wird die Beiordnung abgelehnt, so ist auch hier die sofortige Beschwerde zulässig (s. o.).

26.4 Antrag auf Beratungshilfe

Du kannst, wie immer unter „gewissen Bedingungen“, auch Beratungshilfe beantragen. Dann zahlt der Staat dir eine Beratung durch eine Anwältin.

Dies richtet sich nach dem „Beratungshilfegesetz“. Anders als bei Prozesskostenhilfe werden hier die Erfolgsaussichten deiner Rechtsverfolgung nicht geprüft. Nur „mutwillig“ darf die Wahrnehmung deiner Rechte nicht sein (s. o.). Anspruch hast du immer dann, wenn dir Prozesskostenhilfe in unbeschränktem Umfang, d. h. ohne Selbstbeteiligung, zustehen würde. Dies wird bei dir praktisch immer der Fall sein. Denn wer verdient im Knast schon über 800,- € im Monat. Beantragen musst du die Hilfe beim für den Knast örtlich zuständigen Amtsgericht. Frag im Knast nach, welches das ist. Auch in diesem Antrag musst du – wie auch bei der Prozesskostenhilfe – Angaben über deine „Lebensumstände“ und dein „Einkommen“ machen. Auch hier ist es wichtig, entsprechende Belege der Anstaltsleitung vorzulegen. Kannst du die nicht bekommen, fügst du deinen Angaben folgenden Satz hinzu: „Diese Angaben versichere ich an Eides statt.“ Wurde dir vorher schon einmal Prozesskostenhilfe ohne Selbstbeteiligung zugesprochen, so schreib das rein und gib das damalige Aktenzeichen an. Weiterhin musst du schildern, weswegen du eine Anwältin konsultieren willst. Das muss nicht unbedingt etwas Vollzugsrechtliches sein. Wird dem Antrag stattgegeben, bekommst du einen Berechtigungsschein, mit dem du dich an eine Anwältin deiner Wahl wenden kannst, wenn deine Rechtsfrage nicht so einfach ist, dass das Amtsgericht sie dir sofort selbst beantworten kann. Es empfiehlt sich deshalb, die Sache etwas aufzuplustern. Zu beachten ist noch Folgendes: Die Anwältin kann nach ihrem eigenen Ermessen von dir 15,- € Eigenbeteiligung verlangen. Bitte sie gleich, dir selbige zu erlassen. Über den Antrag auf Beratungshilfe entscheidet die Rechtspflegerin.

Wird er abgelehnt, so steht dir als Rechtsmittel nur die sogenannte „Erinnerung“ zu („Hiermit lege ich gegen Ihre Entscheidung vom ... Erinnerung ein.“). Sie ist an die Rechtspflegerin zu richten, die entschieden hat, und zwar innerhalb von zwei Wochen seit Zugang der Ablehnung.